Reiturlaub in der Toskana – warum Il Cornacchino mehr als eine Reise wert ist

Reiturlaub, Pferde verstehen,
Morgens vor dem Ausritt. Foto: Nadja

Nachdem unser Fotobuch mit der Post kam, hat mich das endlich motiviert, über unseren Reiturlaub auf Il Cornacchino zu schreiben.

Der große Nachteil gleich vorweg: Der Aufenthalt hat ein Ende, und irgendwann muss man abreisen (Stichwort: Das Leben ist kein Ponyhof). Wir behelfen uns, indem wir wiederkommen – und ich glaube, damit sind wir in guter Gesellschaft. Cornacchino scheint so eine Wirkung auf ziemlich viele Gäste zu haben. Uns jedenfalls juckt es nach spätestens einem halben Jahr in den Fingern, und wir fangen an zu überlegen, wo im Kalender wir noch eine Woche (oder besser noch 10 Tage) Reiturlaub in der Toskana integrieren könnten.
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Eines der Haupthäuser (mit Küche
und Essensraum) von Il Cornacchino.
Foto: Nadja

Der Agriturismo Il Cornacchino liegt ziemlich abgelegen – etwa zehn Minuten Fahrt vom Nachbardorf Castell’Azzara – im Naturschutzgebiet Monte Penna (deswegen empfiehlt sich ein Mietwagen). Der Weiler, ehemals die Wirtschaftsgebäude einer Miene, ist umgeben von Wald, und die Landschaft mit ihren steilen Anstiegen und dem felsigen Böden deutlich rauer als man sich die Toskana üblicherweise vorstellt.

Hier wohnen wir in den restaurierten Steinhäusern, und von hier starten die Ausritte und auch die geführten Trecks, die Wanderritte.
Wir haben uns für weniger Sitzfleisch beanspruchende Beschäftigungen entschieden: Ich mache wieder beim Western-Riding-Kurs von Fabio mit, und mein Freund bei den Ausritten. Er hat im vergangenen Jahr hier spontan Reiten gelernt, und sitzt (bevorzugt) auf Enrica – und zwar wie ein Pro. Nach einer insgesamt zweiwöchigen Reitkarriere. Das lässt mich blass vor Neid zurück – ich verweise hier auf die Erfahrungen, die Pfridolin Pferds Frau mit deren Mann macht – und mit der Schlussfolgerung: Wer reiten lernen will, ist auf Il Cornacchino bestens aufgehoben. Aber nicht nur der Anfänger.
Ich glaube, ich bin ein schwieriger Kunde bei Reiturlauben: Mir geht der Spaß verloren, wenn es den Pferden nicht gut geht, und ich will nicht auf abgestumpft-toten Pferden meine Runden im Staub des Platzes drehen mit dem „Setz dich durch!“-Geschrei des Reitlehrers in den Ohren. Gut ausgebildete Pferde, Neues lernen, seine Reiterei verbessern und das Ganze in schöner Umgebung – das stelle ich mir unter einem gelungenen Reiturlaub vor.
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Ausritt mit Panorama. Foto: Sabrina

Und, wie soll ich sagen? Ich erinnere mich noch ganz genau, als ich bei unserem ersten Aufenthalt auf Il Cornacchino (im vergangenen September) diesen zierlichen Appaloosa-Mix zugewiesen bekommen habe. Aufgestiegen vom Holzblock, sortiere ich die Zügel, fange an die ersten Finger zu schließen, um sie aufzunehmen, und sofort gibt der Wallach im Genick nach. Ich lege probeweise den Schenkel nach hinten, sofort weicht die Hinterhand. Ich halte die Zügel und vibriere mit beiden Schenkeln, sofort tritt er rückwärts.

Tja. Wer einmal auf so einem Pferd saß, der will da ungern wieder runter :D.  Nach dem Test-Ausritt bekam ich Pelù seinerzeit als Pferd für den Western-Kurs, und natürlich hatte ich die Hoffnung, ihn in diesem Jahr wieder reiten zu können (und irgendwie war das auch für die Rittführer keine Überraschung). Die passen auf, dass die Reiter Pferde bekommen, die ihrem Können entsprechen, und haben bei den Ausritten ein Auge auf und Tipps für die Gäste.
Da kriegt man dann schon mal gesagt, dass man doch bitte die Zügel länger lassen und einhändig führen soll, oder dass man mit dem Fuß besser weiter in den Steigbügel rutscht, um die Zehen und damit den Knöchel nicht zu verkrampfen. Ich finde das genau richtig – Korrekturen im Sinne des Pferdes (und damit auch des Reiters).
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Pelù nach der Arbeit auf der Koppel.
Die Pferde leben alle im Freien. Foto: Nadja

Ich habe in diesen zwei Urlauben vor allem das Loslassen gelernt. Und nicht nur beim Reiten. Die Abgeschiedenheit (inklusive maximal mäßiger Internetverbindung) macht Cornacchino zu einem ruhigen, grünen Idyll. Nirgendwo lässt sich besser Nichtstun: Nach dem Mittagessen hole ich mir einen Kaffee an der Bar, quatsche kurz mit Sandy von der Rezeption und setze mich dann mit Buch auf die Terrasse in den Halbschatten unter die Weinreben. Oder nebendran auf die Liege in die Sonne.

Reiten, Schlafen, Entspannen: Gegliedert wird der Tag vom gemeinsamen Mittag- und Abendessen. Punkt 13 und 20 Uhr ruft es „A tavola“ oder „Essen ist fertig“ entweder aus dem Essenssaal oder der Rezeption. Wer zum ersten Mal am Tisch Platz nimmt, traut seinen Augen nicht angesichts der nicht abreißenden Abfolge von Gerichten: Nach zwei Platten Antipasti reichen die Köchinnen zwei weitere mit Pastagerichten oder Suppe, danach servieren sie einen Fleischgang mit zwei weiteren Beilagen (wir haben erstaunlicherweise nicht zugenommen. Muss an der guten Luft liegen). Beim Essen sitzen wir alle zusammen an langen Holztischen – allein bleibt hier niemand lange.
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Chefkatze Rosalia. Foto: Marko

Manchmal kommt die Gesellschaft auch überraschender als erwartet: Etwa, wenn Katze Rosalia beschließt, dass der Gast da auf der Liege die Qualifikation zum Ruheplatz erfüllt, mit einem Satz auf die Liege springt und es sich auf unseren Beinen bequem macht. Oder wenn Schäferhündin Joe morgens um halb acht die Tür zum Zimmer aufdrückt, um zu sehen, wer da Neues wohnt und dann ansetzt, persönlich den Komfort des Bettes zu testen (wir konnten sie davon abhalten, ins Bett zu springen). Wer keinen vierbeinigen Besuch wünscht, sollte abschließen 😀

Und damit zurück zu den anderen Vierbeinern, den Pferden, und meiner Lektion, dem Loslassen beim Reiten. Ich bilde mir ja schon ein, dass ich krampfhaftes Zupacken mit den Beinen und Händen in großen Teilen abgelegt habe und auch nicht mehr dazu neige, zu viel über den Zügel kontrollieren zu wollen. Auch schnelle Pferde gehen unter mir eher langsamer.
Dennoch war es für mich echt eine Überwindung, Pelù – dessen Durchschnittsgeschwindigkeit im Galopp deutlich jenseits meiner Komfortzone liegt – die Zügel zu geben und ihn laufen zu lassen (auf dem Platz wie im Gelände) – im Vertrauen darauf, dass er nicht davonrennt.
Mein Vertrauen hat sich ausgezahlt: Er geht schnell, aber er geht kontrolliert. Und bleibt über meine Schulterausrichtung lenkbar. Um zum Beispiel den Mittelzirkel im Galopp zu halten, reicht es auf dessen Mittelpunkt (in unserem Falle) Fabio zu schauen – schon marschiert das Pferd auf dem Kreisbogen.
Wie wichtig unsere Blickrichtung ist, demonstrierte mir auch Schimmelstute Cocca. Ich wollte mit ihr über die Brücke reiten, doch sie blockierte. „Schau, wohin du willst und nicht auf den Boden“, kam es daraufhin von Fabio. Ich schaute also über die Brücke hinaus, ritt an, und Cocca stieg problemlos über das Hindernis.

Cocca und ich am Tor. Foto: Sabrina

Der Trail-Teil des Kurses, also jener, wenn wir mit Hindernissen wie der Brücke oder dem Tor üben konnten, war einer meiner Lieblinge. Das macht einfach einen Heidenspaß (und ich glaube, auch den Pferden). Aber auch die Einheit im Gelände – mit gegenseitigem, kontrolliertem Überholen oder paarweisem Synchronreiten war lehrreich. Und die Stunden auf dem Platz sowieso. Fabio lässt, wenn etwas nicht so funktioniert, nicht locker, und bringt Pferd und Reiter zusammen weiter.

Ich tat mich mit dem Angaloppieren relativ schwer, weil die Hilfengebung schon eine andere ist. Meine Mitreiterin Sabrina nicht – sie ritt mit ihrer Stute (einer Schwester von Pelù) gen Ende des Kurses fliegende Galoppwechsel. (Wobei ich mit unseren Traversal-Versuchen auch sehr happy war).
Egal, ob ihr guten Unterricht auf sehr gut ausgebildeten Pferden wollt oder entspannte Ausritte in schöner Natur (das Terrain ist rau, aber die Pferde trittsicher): Auf Cornacchino findet ihr beides – und das Ganze in einer Oase der Ruhe (klingt kitschig, ist aber so), bei reichhaltiger toskanischer Küche und begleitet und umgeben von netten Leuten und neugierigen Tieren.
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Jungpferdeherde, allzeit bereit für Bespaßung.
Foto: Marko

Sabrina hat uns Unmengen toller Bilder zur Verfügung gestellt, und deswegen haben wir jetzt ein Fotobuch zur Erinnerung 🙂
Erstellt habe ich es beim holländischen Online-Service Prentu/Webprint, heute smartphoto.de. Ich hatte schon etwas Bedenken, wenn ich an die Kämpfe denke, die mein Vater beim Zusammenbauen seiner Alben bei seinem Anbieter führte. Hätte ich mir sparen können: Der Layout-Editor von Prentu/Webprint ist benutzerfreundlich und übersichtlich, das Hochladen der Bilder funktionierte super – ich konnte sogar die Ordnerstruktur, die ich fürs Buch auf meinem Mac angelegt hatte, übernehmen.

Mit dem Ergebnis bin ich sehr glücklich – die Qualität stimmt, das Buch sieht super aus (natürlich auch dank meiner Layoutkünste 😀 ). Gerne wieder!
PS: Petra von der Pferdeflüsterei hat noch weitere Urlaubsempfehlungen für Reiter.
PPS: Auf Cornacchino hat mich übrigens Sophie von Chevalie mit ihrem Bericht aufmerksam gemacht.
— Vielen Dank an Prentu für die Unterstützung dieses Beitrags! —

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8 Kommentare

  1. Wow, ich will dorthin! Bitte! Jetzt! Sofort! Das klingt traumhaft und ich glaube, dass ich jetzt schon weiß wohin meine nächste Reise mich führen wird <3 Danke für diesen wunderschönen Bericht! Alles Liebe, die Pferdeflüsterei.de

  2. Unheimlich schön geschrieben Nadja, fast als wäre man mit dir dort =)
    Ich will da auch hin! Das klingt wirklich traumhaft <3

    Liebe Grüße,
    Christina

    • Danke! Für mich ist es totale Entspannung. Obwohl wir hier auch auf dem Land wohnen. 🙂

  3. Dieser Bericht ist so super geschrieben – dem ganzen ist fast nichts mehr hinzuzufügen. Auch wir ware n der selben Zeit wie Nadja auf Cornacchino – es war eine super tolle Woche.
    Wir waren auf dem Schnuppertrail – 3 Tage Etrusker-Tour. Unbeschreiblich schöne Landschaften, wahnsinnig tolle Wege – spannendes Gelände, wie etwa die Höhenwege im Sovana. Weite Ebenen, dichte Wälder und immer wieder ein romantisches Plätzchen für ein Picknick. Alles in allem ein gelungener Urlaub im Pferdeparadies auf Erden.

    • Hallo, danke für den Kommentar – und super, dass der Schnuppertreck auch so schön war. Ich glaube, der könnte unser nächstes Ziel werden 🙂 VG!

  4. Nachdem Bericht habe ich das direkt mal gegoogelt und überlegt ob ich da auch mal hin fahre. Klingt genau nach dem Richtigen für mich.
    Aber das liebe Geld… Das geht erstmal aufs Sparbuch für Glory bevor es in einen Urlaub gesteckt wird, so toll es auch klingt.
    Super geschrieben 🙂

    • Ja, das liebe Geld. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist zwar super da, aber dennoch: ein Reiturlaub ist eben teurer als andere. Und wenn du dann noch auf ein Pferd sparst….

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