5  Tipps für eine bessere Beziehung zum Pferd


Eine gute Beziehung zum Pferd fällt – wie eine gute Beziehung zum Mensch – nicht einfach vom Himmel. Sie erfordert Aufmerksamkeit, Empathie und die Fähigkeit zur Selbstreflexion – unter anderem. Heute geht es um 5 Tipps abseits von Techniken oder Methoden, die deine Beziehung zum Pferd verbessern können.

bessere Beziehung zum Pferd

Freunde. Foto: Nadja

1. Verbringe Zeit mit ihm

Wir haben so viel mit unsrem Pferd vor und jede Menge Pläne, wie wir die Zeit mit ihm gern verbringen wollen: bei der Bodenarbeit die Seitengänge verfeinern, einen gemütlichen Ausritt im schattigen Wald unternehmen oder beim Springen die nächste Höhe überwinden.

Wir wollen das tun, was uns Spaß macht und Freude bringt. Allerdings sind unsere Vorstellungen von Spaß und Freude nicht immer deckungsgleich mit jenen des Pferdes. Das würde vielleicht viel lieber einfach auf der Koppel stehen und sich von seinem besten Kumpel die Fliegen von der Nase wedeln lassen. Wieso sich also nicht einfach mal dazu setzen oder selbst mal die Rolle des Fliegenjägers übernehmen? Einfach Zeit mit dem Pferd verbringen, in der man nichts tut und nichts erwartet? Pat Parelli nennt das „undemanding time“, andere Trainer „quality time“. Als mich Tanja im letzten Sommer hier besucht hat, haben wir viel Zeit auf der Koppel mit den Pferden verbracht. Es war hochspannend zu sehen, wie die Tiere sich verhalten, zu uns kommen, sich dazu stellen und uns freimütig in ihre Runde integriert haben.

Auch Paledo war ich in den letzten Wochen einfach nur ein beständiger Begleiter, der keine Forderungen stellt und der keine Pläne hat. Gerade in dieser Zeit haben wir die Nähe wiedergefunden, die wir davor phasenweise verloren hatten.

2. Warte und gib dem Pferd Zeit

Im Horsemanship lernt man, über Phasen zu arbeiten: Reagiert das Pferd nicht auf die erste Phase, steigert man diese, bis man effektiv ist. Diese Herangehensweise bringt Klarheit fürs Pferd und es lernt, bereits auf ein feines Signal zu reagieren. Gerade beim Steigern der Phasen sind aber unsere Aufmerksamkeit und unser Einfühlungsvermögen gefragt.
Pat Parelli sagt: „Don’t ask a trying horse to try“ – „Sage einem Pferd, das bereits versucht, die Lösung zu finden, nicht, dass es sich mehr anstrengen soll“.
Wir müssen wissen, ob unser Pferd gerade aktiv eine Lösung sucht, ob es uns ausblendet, ob es aufgegeben hat oder ob es überfordert ist, um die Phasen wirklich fair einsetzen zu können. Gerade mit den jüngsten Kundenpferden sehe ich immer wieder, dass es sich lohnt, einfach mal zu warten und nicht gleich eine Schippe drauf zu legen.

Manche Pferde brauchen Zeit, um nachzudenken, sich zu entscheiden – mache trauen sich nicht, weil sie Angst vor Fehlern haben. Wenn ich mir unsicher bin, dann warte ich einfach und schaue, für welche Reaktion sich das Pferd entscheidet. Komme ich damit nicht weiter, kann ich die Phasen immer noch hochfahren und eine Reaktion vom Pferd einfordern.


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 3. Respektiere seinen Charakter

Eine Schülerin von Buck Brannaman sagte einmal, dass es unsere Verantwortung ist, unser Pferd nicht in Situationen zu bringen, die es überfordern und die es nicht händeln kann. Nur so erhalten wir sein Selbstvertrauen und sein Vertrauen in uns. Deswegen ist es wichtig, zu wissen, wie unser Pferd tickt und was seinen Charakter ausmacht.

Der Kuh-Phobiker wird wahrscheinlich kein Ranchhorse mehr, und der wenig Bewegungsfreudige jauchzt nicht vor Enthusiasmus, wenn eine weitere 1,5-stündige Dressureinheit in der Halle bei 30 Grad und 50 Prozent Luftfeuchte ansteht. Ich meine damit nicht, dass der Status Quo unserer Pferde in Stein gemeißelt ist und der Kuh-Phobiker immer Angst vor Kühen haben muss. Natürlich kann auch dieses Pferd lernen, dass Kühe nicht gefährlich sind. Aber zwischen dieser Akzeptanz und einer Karriere als Ranchhorse liegen Welten – damit würden wir das Pferd zu etwas machen, das es nicht ist. Ich denke, dass wir uns und unserem Pferd sehr viel Ruhe und Frieden geben können, wenn wir unsere Anforderungen an der tatsächlichen Disposition des Pferdes ausrichten – und nicht ausschließlich an unseren hochtrabenden Träumen und Wünschen.

4. Sei höflich

Wer mag unhöfliche Menschen? Die drängeln, auf die Pelle rücken, dauerhaft mit der Tür ins Haus fallen, kein Gespür für das Gegenüber an den Tag legen, hohe Forderungen stellen und gnadenlos ihr Ding durchziehen? Weder als Kollege noch als Freund möchte ich mit diesen Charakteren zu tun haben – schon gar nicht als Partner, mit dem wir täglich viel Zeit verbringen.

Unseren Pferde geht das ähnlich – nur sind sie zu höflich, das mit Nachdruck zu äußern, haben gelernt, das ihre Gegenwehr entweder unterdrückt oder bestraft wird und sich in ihr Schicksal gefügt oder sich daran gewöhnt, dass sie einfach nicht gehört werden. Das fängt mit dem „Hallo“ des Menschen an, der dem Pferd direkt mit den Händen im Gesicht herumfuchtelt, statt es erst mal an der Hand schnuppern zu lassen und das endet noch lange nicht beim harten Klopfen auf dem Hals, das eigentlich als Lob gemeint war. Höflichkeit zeigt die Bereitschaft, sich in den anderen einzufühlen und dessen Bedürfnisse Ernst zu nehmen. Sie gehört zum Horsemanship wie Knotenhalfter und Rope.


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5. Erkenne die Fragen

Eine gute Beziehung benötigt eine gelingende Kommunikation. Deswegen ist es wichtig, dass du die Fragen deines Pferdes erkennst und beantwortest. Das ist manchmal leicht und manchmal schwierig.

Ein Pferd, das dich mit gespitzten Ohren anschaut und wartet, signalisiert sehr deutlich, dass es gern einen Hinweis von dir möchte. Auch ein Pferd, das einen kurzen Seitenblick in deine Richtung wirft, kann eine Rückversicherung gebrauchen, dass es seine Sache gut macht (ist das nicht ein tolles Gefühl, wenn sich so ein Dialog entfaltet?).

Manchmal stecken Fragen aber auch hinter Verhaltensweisen, die eher den Eindruck eines Statements, einer Feststellung machen. Wenn du dein Pferd bei der Freiarbeit auf die rechte Hand schickst und es sich ungefragt umdreht und die Richtung wechselt, fragt es dich, wie sicher du bei der Richtung bist und wie wichtig sie dir ist. Wenn dein Pferd einen Schritt auf dich zu macht und dir dabei sehr nah kommt, fragt es, wie wichtig dir deine Grenzen sind. Wenn es mitten in der Kommunikation den Kopf langsam von dir weg zur Seite dreht und fest wird, dann fragt es, ob du etwas langsamer machen kannst. Um die Fragen des Pferdes (seine Art des Fragens) zu verstehen, müssen wir lernen, die Körpersprache des Pferdes zu lesen. Dabei helfen uns Punkt 1 und 2.

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Ein Kommentar

  1. Hallo Nadja,
    zum Thema „Fragen erkennen“: Ich habe lange die Frage „Passt Du auf mich auf?“ meines Pferdes nicht verstanden. Auf Spaziergängen hat er immer wieder auf dem Strick gekaut, meine Hand mit den Lippen angeknabbert, in meinen Ärmel gebissen.
    Heute frage ich mich, wieso ich so begriffsstutzig war 🙁
    VG Anja

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