
Das Pferd kennt nicht die Kontoauszüge seines Besitzers und ruft die Überweisung der Stallmiete an den Pensionsstall ab. Es weiß nicht, dass der Tierarzt kommt, um es ihm zu helfen (vor allem dann nicht, wenn er ihm erst einmal Schmerzen mit Spritzen oder Einrenkmanövern verursacht). Was es dagegen sehr wohl weiß ist, dass es jetzt erstmal vom Futter und den Kumpels auf der Koppel getrennt wird, alleine mit dem Menschen zum Stall zurück muss, um sich bestenfalls unterm Reiter anstrengen zu müssen und schlimmstenfalls mit Sporen, Peitsche, Zügeln und Stimme Kommandos entgegen zu nehmen, die es nicht versteht. Statt friedlich und sicher zu fressen und sich auszuruhen, erwartet es Unbequemlichkeit, Stress oder sogar Angst. Was für den Menschen Erholung vom Alltag und Vergnügen ist (wobei, wenn man in manche Reitergesichter schaut, kann man sich schon fragen, ob Reiten Spaß macht), ist für viele Pferde das Gegenteil (Pat Parelli sagt: „If your horse is recreation for you, are you recreation for your horse?“).
Ich weiß, ich male ein sehr schwarzes Bild hier, und ich will niemanden angreifen und auch nicht verallgemeinern. Nur löst die menschliche Perspektive keine Probleme im Umgang mit dem Pferd. Nur wer die Perspektive des Pferdes einnimmt und versucht sich in es hineinzuversetzen, deutet das Verhalten des Tieres richtig und kann es entsprechend ändern. Allein auf seine Forderungen oder sein Recht zu pochen, dass das Tier sich jetzt ja wohl mal benehmen kann (oder muss), hat noch kein Problempferd bekehrt.