Introvertierte Menschen fühlen sich häufig von der Energie ihrer extrovertierten Zeitgenossen überfordert: Die reden zu viel und zu laut, gestikulieren zu wild und rücken einem zu nah auf die Pelle. Extrovertierte wundern sich dagegen, warum ihre introvertierten Gegenüber nie von sich aus das Wort ergreifen, das Gespräch nicht am Laufen halten; sie fangen an sich zu langweilen und wenden sich interessanteren Menschen zu.
Wie bei Menschen gibt es auch bei Pferden ruhigere und aufgedrehtere Typen. Entsprechend kommt es bei Mensch-Pferd-Paaren zu unterschiedlichen Temperaments-Konstellationen.
Und wie im zwischenmenschlichen Bereich gibt es auch zwischen Mensch und Pferd Reibungsflächen, die durch die Natur der Partner bedingt werden. Man denke an das tiefenentspannte Pferd, das nichts lieber will als seine Ruhe. Doch dessen hektische Reiterin wuselt um es herum, als gäbe es kein Morgen mehr. Als gut gemeintes Lob versohlt sie ihm mit der gestreckten Handfläche schallend den Hals und lässt dazu eine Tirade verbaler Liebesbezeugungen auf es einregnen. Auf der anderen Seite der hyperaktive Hysteriker, der am liebsten eine 24-Stunden-Dauerbespaßung hätte und es gar nicht abwarten kann, etwas Neues auszuprobieren. Da kann es schon mal passieren, dass er bei soviel Energie seine Reitbeteiligung übersieht, die mit leisen Brrr-Lauten und halbgaren „Steh!“-Befehlen versucht, ihn zu disziplinieren.
Damit Disharmonie zu Harmonie werden kann, muss sich der Mensch dem Energielevel seines Pferdes angleichen, muss sein eigenes hochfahren oder runterschalten können. Erst dann nimmt uns das extrovertierte Pferd überhaupt und das introvertierte nicht mehr als störend wahr. Eine Basis ist geschaffen, von der aus Kommunikation einfacher wird. Und von dort kann der Mensch beginnen, von seinem ruhigen Pferd mehr Energie zu fordern und von seinem stürmischen Pferd mehr Beherrschung.