Versammlung ist mehr als nur die korrekte Haltung und Gewichtsverteilung des Pferdes. Versammlung geht über das Körperliche hinaus.
Da werden Pferde mit den Zügeln in eine gewisse Halshaltung gebracht und mit den Schenkeln in eine Spannung hinein getrieben. Oder vom Boden aus, während vorne am Kappzaum gezuppelt wird, hinten mit der Peitsche angetickt – für mehr Hankenbeugung, mehr Untertreten oder was auch immer sich der Mensch gerade vorstellt.
Da werden Pferde mit den Zügeln in eine gewisse Halshaltung gebracht und mit den Schenkeln in eine Spannung hinein getrieben. Oder vom Boden aus, während vorne am Kappzaum gezuppelt wird, hinten mit der Peitsche angetickt – für mehr Hankenbeugung, mehr Untertreten oder was auch immer sich der Mensch gerade vorstellt.
Von vorn und hinten eingerahmt gehorcht das Pferd den Hilfen – aber versteht es deren Sinn? Versteht es, dass es aktiver mit der Hinterhand untertreten oder mehr Gewicht auf die Hinterbeine verlagern soll, weil es das langfristig gesund erhalten wird? Ich habe da meine Zweifel.
Der Körper des Pferdes wird in den (für den Menschen) passenden Rahmen gebracht, aber der Geist und die Emotionen des Pferdes bleiben unberücksichtigt. Die Ausführung verkommt zum Kunststückchen – und „Kunst“ bedeutet hier nicht eine Form von Können sondern eine Abkürzung für „künstlich“.
Das Pferd braucht den Menschen, die Zügel oder die Gerte nicht, um sich zu versammeln. Man denke an den gewölbten Hals und die schwebenden Tritte von Hengsten, die eine Stute umwerben oder einen Kontrahenten beeindrucken wollen (letztlich versucht die Dressur ja nichts anderes als natürliche Bewegungsabläufe auf Signal hin abrufen zu können). Auch diese beiden Pferde zeigen Bewegungsabläufe, wie man sie unter dem Sattel wünscht, von sich aus und ohne Reiter: Hier sieht man ein Pferd, wie es mit einem Stier spielt, und hier ein Pferd, das eine Kuh-Attrappe cuttet – sie tun es, weil sie es wollen.
Versammlung beginnt im Kopf: Wenn das Pferd den Sinn einer Bewegung versteht und motiviert ist, sie auszuführen – dann wird es sie zeigen.
Versammlung braucht Verständnis und Motivation
Im klassischen Horsemanship arbeitet man nicht nur gern mit Kühen, weil man es muss und sie zum Lebensunterhalt dazu gehören. Sondern auch, weil das Pferd einen Zweck erkennen kann: Es versteht, dass der Reiter die Kuh bewegen, stoppen oder separieren will. Es arbeitet mit, und der Reiter kann die die gewünschten Bewegungsläufe einfach geschehen lassen oder sie unterstützen ohne sie mühsam erarbeiten oder heraustreiben zu müssen.
Jetzt fühlen sich nicht alle von uns zur Rinderarbeit hingezogen beziehungsweise nicht alle von uns können sich vom Bauern um die Ecke mal kurz eine Rinderherde leihen. Welche anderen Möglichkeiten haben wir also, um unser Pferd zum Mitdenken zu bekommen und seine Motivation zu erhalten (und damit in Richtung Versammlung zu arbeiten)?
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Mitdenken und Verständnis
Es hilft dem Pferd, wenn wir es nicht mit unseren Anfragen überraschen, sondern die Übungen so gestalten, dass sie aufeinander aufbauen und das Pferd weiß, was kommt. Wiederholung und Kontinuität sind hier wichtig, bis das Pferd verstanden hat, worum es geht. Dann bringt man Abwechslung hinein, damit das Pferd Aufgaben nicht vorweg nimmt und ohne zu fragen ausführt, und um das Interesse des Pferdes zu erhalten.
Ich kann also beispielsweise immer an der gleiche Stelle auf dem Zirkel ein Halt verlangen, dann richte ich ein paar Schritte rückwärts und wende die Vorhand um die Hinterhand. Nach ein paar Wiederholungen verlange ich die Wendung sofort: Ich habe das Rückwärts benutzt, damit das Pferd sein Gewicht auf die Hinterhand bringt, das macht die Vorhand leicht und somit die Wendung problemlos. Dann kommt die Abwechslung hinzu: Ich halte nicht bei jeder Runde, sondern immer mal wieder. Ich verlange mal rückwärts vor der Wendung und mal nicht. Ich wende mal um 180 Grad oder auch mal nur 90 Grad.
Vielleicht habt ihr Pat Parelli mal von „principles to purpose“ reden hören. Er will seine Horsemanship-Prinzipien so schnell wie möglich mit einem Zweck verbinden, eben damit das Pferd nicht stupide irgendwelche Manöver ausführen muss, die es schon bis zum Abwinken exerziert hat und die für sich selbst keinen Zweck erfüllen.
Motivation
Wie erhalte ich die Motivation des Pferdes? Da gibt es mehrere Möglichkeiten (und Kombinationen), und sie hängen mit dem oben angesprochenen Verständnis zusammen: Zuallererst kommt der Zweck. Wenn wir die Übung nicht nur im ihrer Selbst willen ausführen, sondern das Pferd (nicht wir!) einen Sinn darin erkennen kann, wird es breitwilliger mitarbeiten.
Dann kommt die Belohnung. Das Pferd darf wissen, dass es vom Gehorsam profitiert: sei es durch Stimmlob, Streicheln oder Pause.
Dann kommen Variation und Abwechslung: Das Pferd soll mental dabei bleiben und sich fragen, was wohl als nächstes geschieht – das funktioniert aber nur, wenn wir nicht beliebig Lektionen abrufen! Das Pferd muss erkennen, dass wir einem Muster folgen und dieses Muster hin und wieder abwandeln. Nur wenn es das verstanden hat, erhalten wir sein Interesse. Das Pferd darf rätseln, was als nächstes kommt – aber wir müssen ihm die Chance geben, auch die Lösung zu finden.
Dann kommt (vielleicht und ab und an) Provokation: Wir dürfen auch mal mehr vom Pferd verlangen, als das Pferd erwartet, um eine Reaktion zu provozieren. Die wird dann zwar mit Emotion einhergehen, aber das Interesse des Pferdes ist uns gewiss.
Die Voraussetzungen, damit die oben genannten Strategien funktionieren, sind klare Kommunikation und ein faires Miteinander.
PS: Leslie Desmonds Definition von Versammlung: „Collection is the result of readiness“
Über die körperlichen Aspekte von Versammlung schreibt Christina von Herzenspferd.
Jayanthi schlägt den Bogen vom Vorwärts, über die Tragfähigkeit zur Versammlung.
Ross Jacobs schreibt hier über die Wichtigkeit, die Gedanken des Pferdes zu steuern.
The Essence of Good Horsemanship*
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Hier habe ich bei Dressage Hafl schon mal über die drei Komponenten von Versammlung geschrieben
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Von A bis Z durchgelesen! Das mit der Wendung werde ich ausprobieren, wenn es soweit ist. Das erscheint mir wahnsinnig logisch, nicht zu stupide zu werden. Und diese "Vorne halten, hinten treiben"-Haltung, die mir anfangs auch immer genannt wurde, erschien mir schon immer merkwürdig. Lieben Dank, Petra
Danke! Ich glaube ja, dass es unzählige Möglichkeiten gibt, Übungen so aufzubauen, dass sie fürs Pferd leichter verständlich sind oder dass sie das Pferd von vornherein in eine Position bringen, die es ihm sehr leicht macht, das auszuführen, was wir wollen. Ich glaube, dass die richtig guten Horsemen nichts anderes machen als es dem Pferd so leicht wie möglich 🙂
Wow, was für ein toller Artikel! Ich habe mir beim Durchlesen ständig ein "Ja, genau SO ist es" vorgeplappert – du sprichst mir einfach so aus dem Herzen mit deinen Worten und ich kann dem einfach in allem nur zustimmen! Manchmal gerät man so hinein in ein "Lektionen jagen", dass man das Wesentliche dahinter vergisst: Das Pferd!
Danke für den wundervollen Artikel 🙂
Ganz liebe Grüße,
Alessa
vielen Dank!
Hallo 🙂
Bin gerade auf deinen Blog gestoßen und stöber nun darin herum.
Stimme dir auch in fast allem zu 🙂 Bei diesem Artikel, jedoch hatte ich das Bedürfnis etwas anzufügen.
Mein Problemsatz war das Kappzaumzupfen.
Ich selbst arbeite seit 2 Jahren nach NHS und das hat mir in der Beziehung zu meinem Pferd unglaublich viel gebracht.
Was ich aber vermisst habe ist die wirkliche Gymnastizierung, die Versammlung, die für eine gesunde Rückenmuskulatur notwendig ist.
Ich habe mich mit Hilfe meiner Trainerin dann der akademischen Reitkunst zu gewandt (meine Trainerin unterrichtet und kombiniert beides).
Es ist definitiv kein Kappzaumgezuppel, sondern die Haltung kommt von innen heraus, wenn die Basisarbeit sorgfältig erledigt wurde. Alles was wir am Kappzaum machen, auch die höheren Lektionen sind frei genauso möglich 😉
Ansonsten ein toller Artikel 🙂
Hi Demi, danke für deine Ergänzung!
Hallo, 🙂
ich bin gerade auf deinen tollen Blog gestoßen. Ich kann unterstreichen, wie wichtig die Emoptionen des Pferdes sind. Auf meiner Website habe ich auch etwas über das Bewegungsgefühl für das Pferd geschrieben.
Viele vergessen, dass das Pferd eben auch ein Lebewesen mit seinen Bedürfnissen ist.
Toller Beitrag 🙂
Viele Grüße,
Anna