Manche Pferde wehren sich nicht. Wo andere mit dem Kopf schlagen, austreten oder bocken, stehen sie still, ihre Augen werden immer größer, starrer, ihr Körper immer kleiner, verspannter. Sie klemmen den Schweif ein, ziehen das Maul zusammen, keuchen oder grunzen – versuchen uns, dem Menschen, mitzuteilen, wie groß ihre Schwierigkeiten sind. Und wir sehen sie nicht und machen einfach weiter mit unseren Anforderungen, mit unseren lauten Hilfen, unseren Peitschen und unseren Zügeln.
Der Wallach, den ich seit knapp zehn Jahren betreue, ist so ein Kandidat. Ein braves, sehr gehorsames Tier. Und wo sich kein Widerstand regt, da treiben wir Menschen erst recht mächtig an, wollen die Dinge voranbringen, Ziele erreichen. Ich habe sehr, sehr lange gebraucht, bis ich verstanden habe, dass mangelnde Gegenwehr nicht automatisch Verständnis bedeutet. Meine Ignoranz und Ungeduld konterte das Pferd stets mit Sanftheit und Ergebenheit. Mit Hilflosigkeit und aufmerksamem Blick, und vielleicht der Hoffnung, – ich weiß nicht, ob Pferde hoffen können – dass ich bald verstehen würde.
Deswegen schreibe ich einen Blog.
Nicht nur der Rücken kann entzücken. Foto: Nadja |
Wir Pferdemenschen haben die Verantwortung, unseren Tieren die bestmöglichen Lehrer zu sein, aber ebenso, uns von ihnen lehren zu lassen. Das ist eine wechselseitige Beziehung, keine wissensvermittelnde Einbahnstraße, die beim Menschen anfängt und beim Pferd aufhört.
Um (ihnen) gerecht zu werden, müssen wir aufhören, in menschlichen Kategorien zu denken, unsere Maßstäbe anzulegen. Wir müssen lernen hinzusehen – und unsere Augen nicht vor den Dingen zu verschließen, die wir lieber nicht wissen wollen. Wir müssen unsere Emotionen im Griff behalten, und dürfen uns nicht von falschem Stolz, Eitelkeit oder unverhältnismäßigem Ehrgeiz leiten lassen. Diese Verwandlung zum Pferdeversteher, Horseman oder Pferdeflüsterer, wie immer man es nennen mag, beginnt mit einem Entschluss, führt über Jahre der Entwicklung und findet dennoch kein Ende.
Und so berichte ich im Blog über die Erfahrungen und kleinen Erleuchtungen, die sich auftun, wenn ich bei den Pferden bin, und die mich ihnen näher bringen. Erstaunlicherweise werden sie immer mehr und nicht weniger. Wer genauer hinschaut, bekommt mehr mit, schätze ich. Wenn wir uns dieser Details bewusster werden und unsere Aufmerksamkeit schulen, dann, glaube ich, haben wir die Chance, unseren Pferden bessere Begleiter zu werden. Nicht mehr, aber auch nicht weniger ist mein Anliegen.
Dieser Beitrag ist Teil des Blog-Bang von Markus Cerenak. Wenn ihr auch ein Warum habt, das euch antreibt – macht mit! Alle Infos findet ihr unter dem Link.
Das ist ein sehr schönes Warum! Und auch eine tolle Idee! Ich glaube ich werde mich dem Blog-Bang auch mal anschließen. 🙂
Was Du schreibst kann ich total unterstreichen. Vor allem, dass wir unseren Pferden gerecht werden müssen und nicht umgekehrt. So oft begegnet mir diese Einstellung, dass das Pferd doch funktionieren muss (schließlich zahlt man ja sein Essen, die Stallmiete, die hübsche Abschwitzdecke und die Glitzertrense…). Aber in Wirklichkeit ist es doch so, dass wir unserem Pferd gerecht werden müssen. Klar muss es sich irgendwie an dieses Leben anpassen, das wir ihm vorschreiben, aber wir müssen dafür Sorge tragen, dass es das kann. Wenn es nicht "funktioniert", dann ist das unsere Schuld und nicht seine. Immer. Weil wir uns allzu oft von den falschen Dingen leiten lassen. Wegen dieses Warums gefällt mir Dein Blog auch so. Weil es darum geht wie wir unseren Pferden gerecht werden können und nicht umgekehrt… 🙂
Danke für Kommentar und Blumen :)! Diese Sätze, die du aufzählst, höre ich auch immer wieder. Als ob das Pferd wüsste, dass wir es finanziell unterhalten :/ Mein persönlicher Gau war ein Video über einen Besuch im Stall von Isabel Werth. Wo die Kommentatorin auf ein Maskottchen-Kuscheltier im Stall hinwies und das mit den Worten "So lange das Maskottchen da ist, fühlt sich das Pferd wohl". Klar, ne. Wobei ich gerade wieder am Kämpfen bin, meinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, da Projektwallach zurzeit wieder eine "Ich seh dich nicht, ich hör dich nicht"-Phase hat. Wie gut, dass der Weg das Ziel ist. Bin schon gespannt auf dein Warum! VG! Nadja