Wunderschön, aber auch gefährlich – zumindest für ungeschickte Absteiger: der Westernsattel, hier ein Wade-Modell. Foto: Isabel Tomczyk Photography
Klingt wie Clickbait, ist auch welcher. Aber der guten Sache wegen. Weil mir jetzt insgesamt drei Mal der gleiche blöde Fehler in ähnlicher Ausprägung passiert ist und das eine Sache ist, die wirklich gefährlich werden kann.
Die Kurzfassung: vom Westernsattel absteigen und am Horn hängen bleiben.
Vom Westernsattel absteigen und am Horn hängen bleiben
Vor Jahren ist mir das im Reiturlaub zum ersten Mal passiert: unterwegs abgestiegen, ein Trägertop angehabt und beim Vorbeugen den BH-Träger am Horn eingehakt. Der hat gehalten – und ich hing mit den Fußspitzen zehn Zentimeter überm Boden seitlich am Pferd fixiert #Jahrhundertfail und hatte keine Chance, mich aus der Position wieder hochzuziehen oder den Boden zu erreichen. Unsere geistesgegenwärtige Rittführerin war in Sekunden bei mir und hob mich von unten kurz an, so dass ich den Träger ausfädeln und mich befreien konnte. Wir reden hier von einem kleinen Pferd. Offenbar war ich nicht die erste Reiterin, der das auf ihm passierte, denn er blieb einfach stehen und zuckte nicht mit dem Ohr. Das hätte auch ganz schnell ganz dumm enden können.
Dann im Frühjahr, auf meinem eigenen Pferd, der PN. Wir sind auf dem Heimweg von einem Ausritt, kommen an die letzen 200 Meter Gruselkorridor mit Gänse- und Ziegengehege sowie bösen Kirschbäumen auf der einen und fremden, höchst spannenden Pferden auf der anderen Seite. Ich denke mir, komm, steig‘ ab und führe gemütlich da durch.
Ich trage über meinem Shirt eine Weste mit Zweiwege-Reißverschluss, die ich unten und oben relativ weit offen habe – sprich der Reißverschluss ist in der Mitte vielleicht noch zehn Zentimeter geschlossen. Ich beuge mich vor, hake die Weste unbemerkt von unten übers Horn, schwinge mein rechtes Bein über den Pferdehintern und lasse mich seitlich am Sattel herab gleiten. Wir reden hier von einem Wade-Sattel, also ein dickes Horn, kein Standardhorn oder schmales Cuttingsattel-Horn, wo schneller mal was hängen bleiben kann. Weil der Sattel passt und ich nicht an zu festes Gurten glaube, ziehe ich den Sattel bei der Aktion mit mir zur Seite – und komme mit den Zehen tatsächlich auf den Boden. Jetzt hänge ich seitlich press am Pferd mit meiner Weste immer noch am Horn.
Mir gelingt es relativ schnell, den Reißverschluss zu lösen, so dass ich freikomme. Der Sattel hängt auf Halbmast, die PN ist erstarrt und gibt einen Grunzlaut von sich. Das war’s. Die nächsten gefühlten fünf Minuten versuche ich, den Sattel wieder hochzubekommen – dafür muss ich den Gurt aufmachen und das ist schwierig, wenn Latigo und Inskirt-Rigging (= Gurt und Gurtstrippen des Westernsattels) direkt unter der Bauchnaht des Pferdes zum Liegen gekommen sind und sich durch das verschobene Gewicht auch nicht mehr leicht öffnen lassen. Ich fummele und kriege den Gurt nach einiger Zeit tatsächlich auf. Ich rutsche alles wieder an Ort und Stelle, gurte und wir laufen die letzten 200 Meter nach Hause als wäre nichts gewesen.
Man muss es ganz klar sagen: Die PN hat mir hier meinen Arsch gerettet. Da hätte weiß Gott was passieren können. Und das besonders Dumme: Ich weiß es ja besser. Ich bin mir der Gefahr bewusst, dass man am Horn hängen bleiben kann. Ich habe die Erfahrung ja auch bereits gemacht. Und trotzdem habe ich es in dem Moment nicht beachtet bzw. nicht daran gedacht.
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Alle guten Dinge sind drei: Jüngst auf dem Platz, Reitsession beendet, Pferd steht am langen Zügel, ich beide Beine aus den Bügeln, lehne mich vor und hake erneut meine Unterwäsche unter dem engen Langarmshirt am Horn fest. Mit meinem Abstieg löste es sich zum Glück wieder – aber erneut der gleiche dumme Fehler.
Horn from hell oder so ähnlich: Unser alte Reiningsattel mit Horn aus Metall, extra fies zum darin Festhaken. Foto: Isabel Tomczyk Photography
Absteigen mit Westernsattel – weitere Herausforderungen
So steigt man also vom Pferd, wenn man sein Verletzungsrisiko und das Unfallrisiko in schwindelige Höhen treiben will. Und wie macht man es richtig? Interessanterweise gibt es dazu verschiedene Meinungen und Tipps, die ich teilweise ebenfalls nicht empfehlen würde.
Absteigen – und das linke Bein im Bügel lassen?
Die coolen Cowboys lassen den linken Fuß im Bügel, rutschen ihn nur etwas heraus, dass er nicht zu tief im Bügel steht. Sie beugen sich vor, schwingen das rechte Bein elegant über die Kruppe, landen auf dem rechten Fuß und setzen dann den linken Fuß aus dem Bügel auf den Boden. Sieht top aus, elegant, flüssig, gekonnt.
Wiederholt das die Freizeitreiterin (= ich) mit deutlich kürzeren Beinen, weniger Balance und einem Pferd, das eher größer ist bzw. auf abschüssigem Gelände, dann kann es passieren, dass sie dabei das Gleichgewicht verliert, weil das linke Bein auf einmal doch höher im Bügel verankert ist als erwartet, und nach hinten kippt. Bleibt dann der Fuß im Steigbügel und ist das Pferd nicht brav, wünsche ich ganz viel Glück (in meinem Fall war das Pferd brav, ich hab mich rechtzeitig am Sattel festgehalten und konnte mich wieder nach vorn ziehen). Aber seitdem ist die coole Art des Absteigens für mich passé. Irgendwo habe ich gelernt, dass die Cowboys so absteigen, weil sie aus der Warte sofort wieder hoch können, wenn es nötig sein sollte.
Absteigen und dem Pferd dabei in den Hintern treten
Einen weiteren Fehler, den man beim Absteigen vermeiden sollte: dem Pferd mit dem rechten Fuß in den Hintern treten oder am Hinterzwiesel des Sattels bzw. dem Cantle hängen bleiben. Auch hier gilt wieder: Die Position des Absteigens ist für den Reiter denkbar vulnerabel und wenn das Pferd nun ein paar Schritte nach vorn macht – oder losschießt, weil es sich erschreckt – während wir so in der Luft hängen, dann liegen wir wahrscheinlich in Sekundenbruchteilen auf dem Boden. Und aus so einer Position fällt es sich selten gut.
Manche Trainer empfehlen dagegen, beim Auf- und auch beim Absteigen, das Pferd mit dem Bein, das rüber schwingt, auf der Kruppe zu berühren, um ihm zu erklären, was kommt bzw. es zu desensibilisieren. Das bedarf dann aber einer guten Vorbereitung, damit das Pferd nicht überrascht wird und entsprechend reagiert.
Vom Pferd mit Westernsattel absteigen ohne zu sterben: So mache ich’s
Erfolgreich aus dem Westernsattel abgestiegen – Pferd und Mensch leben noch! Foto: Isabel Tomczyk Photography
Ich steige so ab:
- Pferd schaut nach links, sprich der linke Zügel ist etwas verkürzt, so dass eine leichte Biegung im Hals entsteht – das ist einfach eine gute Horsemanship-Angewohnheit und ein kleines Sicherheitsplus.
- Und dann: linker Fuß etwas aus dem Bügel, aber mit dem Ballen drin bleiben
- rechter Fuß aus dem Bügel
- rechte Hand aufs Horn (oh ja!)
- vorbeugen, rechtes Bein rüber schwingen, dabei das Knie beugen, nicht strecken, so kann man einen großen Bogen schwingen
- im Sattel mit beiden Beinen auf einer Seite abstützen
- linker Fuß aus dem Bügel und runter gleiten.
Wenn hier die Hand nicht auf dem Horn liegt, ist die Wahrscheinlichkeit sich mit Kleidung jeder Art festzuhaken, sehr hoch.
Oder: Beide Beine aus den Bügeln, rechte Hand aufs Horn (unbedingt), vorbeugen, rechtes Bein über die Kruppe schwingen, sich vom Sattel wegdrücken und schwungvoll landen. Die erste Variante ist etwas stabiler.
Noch ein weiterer, sinnvoller Tipp fürs Absteigen vom Westernsattel
Der US-Pferdetrainer Daniel Dauphin empfiehlt noch einen Zwischenschritt: Nachdem der linke Fuß soweit es geht aus dem Bügel gerutscht ist, legt er die Hand ans Horn, stellt sich in die Bügel und steigt aus der erhöhten Position ab, um möglichst nicht mit dem Oberkörper über den Sattel zu rutschen und hängen zu bleiben.
Fazit: Die Must Haves fürs sichere Absteigen vom Westernsattel
- Linker Zügel etwas kürzer
- Rechte Hand aufs Horn
- Den linken Fuß aus dem Steigbügel rutschen, so dass man nicht mehr tief drin steht
- Beim Rüberschwingen das rechte Knie beugen, statt das rechte Bein zu strecken
Hier habe ich schonmal übers Aufsteigen geschrieben
- - brandneue Farbe
- - neues Belüftungskonzept für einen noch effizienteren Wärmeabtransport
- - Innenausstattung wechselbar und waschbar
- - farbige Casco-Streifen zum Austauschen
- - nach Norm VG1 01.040 2014-12 geprüft
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