Mit dem Pferd auf dem Jakobsweg – Lisa-Marie im Interview

Jakobsweg mit dem Pferd

Pilgern mit Pferd? Lisa-Marie ist mit ihrem Pferd Bufón 1500 Kilometer über Santiago de Compostela nach Sevilla in Spanien geritten. Wie es dazu kam und was die beiden erlebt haben, erzählt sie euch heute im Interview.

Stell euch mal kurz vor. Wer seid ihr und wie lange kennt ihr euch schon?

Wir, dass sind Bufón, ein Andalusier Mix und ich, Lisa-Marie Wippich von  „Der Weg des Vertrauens. Eine Reise zu einem Wir“. Wir sind ein Pferd-Mensch Gespann, welches sich auf dem Jakobsweg traf und seit her gemeinsam durchs Leben geht.

Mit dem Pferd den Jakobsweg reiten – wie kamst du auf diese Idee?

Vor gut vier Jahren machte ich mich auf nach Spanien. Dort arbeitete ich zwei Monate als Reiseleiterin zu Pferd auf einer Ranch in der Rioja Spaniens. Ich sah täglich Pilger auf ihrem Weg nach Santiago de Compostela (Ziel einer jeden Pilgerreise). Ich fragte mich immer was sie wohl suchten und warum sie diese Strapazen auf sich nahmen. Bis eines Tages ein Mann mit seinem Esel für eine Nacht bei uns Halt machte. Ich unterhielt mich mit dem Mann. Dieser berichtete, dass man auf dem Fahrrad und zu Pferde ebenso als Pilger anerkannt ist wie zu Fuß, man müsse eben statt der letzten 100 Kilometer die letzten 200 Kilometer des Weges zurück gelegt haben. So wuchs ein Gedanke in mir, den ich nicht mehr vertreiben konnte. Ich wuchs mit Pferden auf und Reiten war für mich eben so normal wie zu Fuß zu gehen. Jedoch fehlte mir bisher in meinem Leben ein Pferd, welches ich so richtig kannte und das mir und dem ich vertraute. Zu dem Zeitpunkt studierte ich Management und war mir sehr unsicher, ob ich das überhaupt weiter machen wollte. So ging ich nach Astorga und passte über den Winter auf eine Herberge für Pilger auf. Dort traf ich die Entscheidung: Ich wollte mir ein Pferd kaufen, es für diesen Weg vorbereiten und mit ihm diese Reise antreten.

Kamen dir auch mal Zweifel an deinem Vorhaben?

Ein passendes Pferd zu finden, war wie die Nadel im Heuhaufen zu suchen. In Spanien ein Pferd in meiner Preisklasse zu finden, bedeutete ein Fohlen zu kaufen oder eines, das leider schon Gebrechen hatte. So gab ich die Suche nach drei Monaten schon fast auf. Bis mir der damalige Besitzer Bufón zeigte. Er war so groß und stark, er beeindruckte mich von der ersten Sekunde an. So kaufte ich ihn und stellte ihn in die Nähe der Herberge in einem Stall unter. Durch die lange Suche nach einem Pferd blieb mir nur noch ein Monat um meine Reise zu planen, mein Pferd fit zu machen und eine Beziehung zu ihm aufzubauen, die man zweifelos für solch ein Vorhaben benötigt. Diese Zeit war schwierig, denn er war kaum erzogen, ging dahin wo es ihm gerade in dem Sinn kam und kannte keine Hilfen. Ich kannte auch nur das, was man halt so in der Reitschule lernt. Mit so einem starken und selbstbewussten Pferd hatte ich bisher noch nicht gearbeitet. Es kam der Tag des Aufbruchs, ich konnte leider nicht noch mehr Zeit zum Trainieren frei machen.

Jakobsweg mit dem Pferd

Welche Schwierigkeiten habt ihr überwunden?

So starteten wir, aber von einem Wir noch weit entfernt. Reiten war zum Beispiel nicht möglich, da er immer, wenn ich mich auf ihn setzte, nur noch rückwärts lief. So gingen wir zwei Wochen nebeneinander her. Wir schliefen in Herbergen oder auf Wiesen im Zelt. Eines Morgens kam ich zu ihm auf die Wiese und wollte aufbrechen. Er lag nur so da, er reagierte nicht auf meine Stimme. Er hatte Rattengift gefressen. Ich rief die Tierärztin, die auch sofort kam. Als er wieder auf dem Weg der Besserung war, gab sie mir eine Nummer von einer Natural Horsemanship Trainerin, die ihren Hof am Jakobsweg hat. Sie nahm mich und mein Pferd für zwei Wochen auf. In diesen Wochen lernten wir aufeinander zu achten. Wir fingen an gemeinsam zu lernen. Sie brachte uns vieles über Bodenarbeit und liebevolle, konsequente Umgangsweise bei. Danach war es wie ausgewechselt. Wir gingen auf den Jakobsweg zurück und alles war gut. Es fügte sich alles zusammen. Ich begann diese Reise zu genießen. Es war so schön mein Pferd bei mir zu haben, ich lernte ihn immer mehr und mehr kennen, all seine kleinen Gesten und ich lernte seine Stimmung zu deuten.

Was war der schönste Moment für dich?

Das schönste Erlebnis kam in einer Stadt Namens Portemarín, dort gab es einen Campingplatz mit einer Weide für Bufón. Am Abend ging ich mit ihm am anliegenden Fluss spazieren. Ich hatte mittlerweile Vertrauen zu ihm, so ließ ich ihn einfach frei laufen. Es war so ein schönes Gefühl, dass er mir einfach folgte, egal wo ich hin ging. Auch als ich in den Fluss zum Baden ging, schwamm er mir hinterher. So erreichten wir Santiago de Compostela, danach ging es für uns ein kleines Stück auf dem Camino Portugés weiter. Diesen verließen wir aber, da es dort nicht für Pferde geeignet ist. So begaben wir uns auf die Via del la Plata, die uns bis nach Sevilla führen sollte.

Gibt es etwas, das du heute anders machen würdest?

Heute würde ich auf jeden Fall alles besser planen. Ich war damals sehr naiv gestartet, da es eine große Herausforderung ist solch einem Weg mit einem Lebewesen zu gehen, für das man selbst die Verantwortung trägt. Es war aber für meine Entwicklung sehr gut, da ich so oft über meinen eigenen Schatten springen musste. Ich habe Bufón bis heute bei mir. In Andalusien arbeitete ich noch auf zwei großen Höfen, wo ich viel über Pferdetraining und speziell Natural Horsemanship gelernt habe. Ich bin vor zwei Jahren wieder nach Deutschland zurückgegangen um ein Studium zu beenden. Durch diese Zeit weiß ich, was ich beruflich einmal machen möchte. Mit Pferden zu arbeiten ist mehr als ein Hobby, das wurde mir klar. Zudem liebe ich es so verständnisvoll und respektvoll mit ihnen umzugehen wie möglich. Ich konnte aus meinen Erfahrungen ein facettenreiches Training kreieren und arbeite momentan als mobile Trainerin.

Was planst du für die Zukunft?

Demnächst fange ich an ein pädagogisches Studium zu absolvieren. Mein Traum ist es einmal als Therapeutin und Trainerin für Menschen und Pferden zu agieren. Vielleich mal mit einem eigenen Hof.

Jakobsweg mit dem PferdFakten

  • Dauer: 5 Monate
  • Länge 1500 km
  • Strecke: Von Astorga (Castillo y Leon) nach Santiago de Compostela, von dort nach Pontevedra (Galicien), von dort mit einem Transporter nach Salamanca und von dort nach Sevilla (Andalusien)
  • Ausrüstung: Sattel, Trense, Halfter, Wurzelbürste, Hufkratzer, Decke, Schlafsack, Beutel mit Pferdefutter ca. 1 kg, Eimer, Rucksack mit Wechselklamotten und Zahnbürste und Shampoo, Handy

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4 Kommentare

  1. Glück gehabt, dass du noch ein gutes Pferd gefunden hast.
    Enorme Strecke!

  2. Wow, das war bestimmt eine mega tolle Erfahrung. Habe auch schon weitere Strecken mit meinem Pferd zurück gelegt, aber 1500 km, wow.
    Schön das du einiges an Erfahrungen mitgenommen hast und ihr es gut überstanden habt.
    Weiterhin viel Erfolg und alles gute für euch zwei
    Lg Marion

  3. Gut gemacht bei dieser langen Strecke!

  4. Toller Artikel : )
    Was für eine enorme Leistung, so eine lange Strecke zu reiten und auf sich selbst gestellt zu sein. Dies war bestimmt eine tolle Erfahrung und eine unvergessliche Reise. Ich muss gestehen, ich würde auch gerne mal eine längere Strecke mit dem eigenem Pferd reiten und die Wildnis erkunden. Dieses Gefühl der Freiheit ist bestimmt unbeschreiblich 🙂

    LG

    Anne

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